Demokratie lebt vom Mitmachen

Kolumne

Vor zwei Tagen durfte ich am „Großen Festakt“ in der Frankfurter Paulskirche teilnehmen. Es wurde der ersten deutschen Nationalversammlung gedacht, die exakt vor 175 Jahren am gleichen Ort zusammenkam.

Seitdem beschäftigen mich zwei Gedanken. Erstens, Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. Sie wurde erkämpft, in vielen Ländern der Erde träumen Menschen noch heute davon. Umso irrer erscheint es mir wie wenig wertgeschätzt sie von unserer Bevölkerung angesichts geringer Wahlbeteiligung wird. Ist es denn zu viel verlangt wenigstens einmal im Jahr wählen zu gehen, sei es zur Bürgermeister-, Landrats- oder Kommunalwahl, zur Landtags-, Bundestags- oder Europawahl? Ja, es gibt mehr oder weniger berechtigte Kritik an politischen Entscheidungen und auch in der Politik passieren zuweilen Fehler. Jeder, der „die Politik“ kritisiert, ist herzlich eingeladen selbst mitzumachen. Einmal im Jahr wählen zu gehen und den Daumen zu heben oder senken ist nicht genug. Demokratie lebt vom Mitmachen.

Der zweite Gedanke, der ich mich beschäftigt, dreht sich um Frauen in der Politik. 1848 war die Paulskirchenversammlung ein reines Männerparlament. Erst 1919 durften Frauen in Deutschland erstmals wählen. Ministerpräsident Rhein würdigte in seinem Redebeitrag Elisabeth Selbert, auf die der Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ im Grundgesetz zurückgeht. Ebenso erinnerte er an Elisabeth Schwarzhaupt, die erste Frau, die der Bundesregierung als Ministern angehörte. In Bezug auf den Kampf der Frauen an der Gleichberechtigung reiche es nicht aus Werte nur aufzuschreiben. An weiteren Beispielen machte er deutlich wie weit der Weg zwischen geschriebenem Recht und gesellschaftlicher Wirklichkeit mitunter sein kann. Meine persönliche Conclusio daraus: 175 Jahre nach der Paulskirchenversammlung ist es Zeit für eine Ministerpräsidentin an der Spitze unseres Bundeslandes.

 

 

Erschienen im Hanauer Anzeiger am 20.05.2023