Politische Verantwortung übernehmen

Wer schon einmal eine Anzeige bei der Polizeistation Hanau I aufgegeben hat, der ahnt, wie groß der Investitionsstau dort ist. Überhaupt scheint man den MKK und insbesondere Hanau aus dem hessischen Innenministerium stiefmütterlich zu behandeln. Denn seit Roland Koch und Volker Bouffier werden wir durch das Polizeipräsidium Südosthessen mit Sitz in Offenbach verwaltet. Die Anzahl der Überstunden und Krankheitstage unserer Beamtinnen und Beamten ist hoch, die Einsatzstärken der Schichten für solch ein großes Gebiet zu niedrig. Wie jetzt der Hanauer Anzeiger berichtete, ist der Personalmangel nicht nur etwas, das seit vielen Jahren die Opposition beklagt. Von Hilferufen der Beschäftigten ist die Rede. Akribisch wurde dies von der Staatsanwaltschaft aufgelistet. Veraltete Technik und nicht weitergeleitete Notrufe sind dabei nur einzelne Bestandteile einer langen Liste von politischen Fehlentscheidungen.

OB Kaminsky hat Recht, wenn er von einer „Kultur des Verschleierns und Verschweigens“ bei der Landesregierung spricht. Immer wieder kommen Fehler und politische Fehleinschätzungen nur durch Dritte zu Tage. Vertrauen gewinnt man so aber nicht zurück. Seit 22 Jahren regiert die CDU in Hessen. Ununterbrochen stellt sie seitdem den Innenminister. Die Partei, die auf Plakaten so sehr mit Sicherheit wirbt, hat ihre Glaubwürdigkeit verspielt. Es ist Zeit für Aufklärung. Deshalb ist es gut, dass zumindest in Hinblick auf die Ereignisse des 19. Februar das politische Versagen nun parlamentarisch aufgearbeitet wird. Als stellvertretendes Mitglied des entsprechenden Untersuchungsausschusses im Landtag werde ich meinen Teil dazu beitragen. Dennoch: Es ist längt überfällig, dass jemand die politische Verantwortung für die desaströse Situation unserer Polizei übernimmt. Ein Rücktritt ist längst überfällig.

 

Veröffentlicht im Hanauer Anzeiger am 17.07.21