
Zum Beginn des neuen Schuljahres hat die SPD-Fraktion der amtierenden Landesregierung in der Bildungspolitik ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Christoph Degen, stellte fest, dass das Land in nahezu allen Vergleichsstudien schlecht abschneide. Hessen sei bundesweit Schlusslicht bei der Inklusion und auch beim Ganztagsschulausbau abgeschlagen. Zudem verschärfe sich der Lehrermangel weiter, ohne dass die schwarz-grüne Landesregierung erkennbar gegensteuere.
Kultusminister Lorz schleicht mit angezogener Handbremse durchs Land und blinkt immerzu, ohne endlich einmal die richtige Ausfahrt zu nehmen. Unterdessen wird Hessen von allen anderen Bundesländern überholt, sagte Christoph Degen am Donnerstag in Wiesbaden. Der Schulstart beginne mit zusätzlichen Belastungen für die Lehrerinnen und Lehrer, aber auch für die Schulkinder, die in wachsendem Maße nicht mehr von qualifizierten Lehrkräften unterrichtet würden, so Degen.
Die Kritik der SPD im Einzelnen:
1. Lehrermangel spitzt sich zu und wird durch steigende Schülerzahlen weiter verschärft
An vielen Schulen fehlen Lehrkräfte, weil die Landesregierung die Aus- und Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer in den zurückliegenden Jahren sträflich vernachlässigt hat. Insbesondere an Grund- und Förderschulen sind entsprechend ausgebildete und qualifizierte Lehrkräfte Mangelware. Dadurch ist die Qualität des Unterrichts massiv gefährdet.
Das Land schickt in zunehmendem Maße Studentinnen und Studenten für das Lehramt weit vor dem Staatsexamen in die Schulen, um wenigstens den Anschein eines geordneten Unterrichtsbetriebs aufrecht zu erhalten. Verzweifelt bettelt das Ministerium längst pensionierte Lehrkräfte an, doch wenigstens für ein paar Stunden in der Woche in den Dienst zurückzukehren.
Dabei sind die Schülerzahlen gut planbar immerhin hat das Land von der Geburt eines Kindes bis zu dessen Einschulung rund sechs Jahre Zeit, sich darauf einzustellen. Da aber die verschiedenen CDU-geführten Landesregierungen seit 1999 darauf verzichtet haben, Lehrkräfte in ausreichender Zahl auszubilden, stehen die hessischen Schulen nun vor einem eklatanten Personalmangel, der sich nicht kurzfristig beheben lässt.
2. Arbeitsbedingungen von Lehrkräften und Schulleitungen verschlechtern sich weiter
In Hessen verschlechtern sich die Rahmenbedingungen für guten Unterricht permanent. Die Überlastungsanzeigen von Schulkollegien brechen nicht ab. Für zusätzliche zeitintensive Aufgaben zum Beispiel die inklusive Beschulung, schulische und außerschulische Kooperationen oder ganztägigen Unterricht gibt es weiter keine Entlastung. Die Zahl der befristeten Beschäftigungsverhältnisse unter den Lehrerinnen und Lehrern steigt. Das Land Hessen hat vor den Sommerferien die Verträge von rund 1.000 Lehrkräften auslaufen lassen und diese in die Arbeitslosigkeit geschickt nur, um sie zum Schuljahresbeginn wiederum befristet einzustellen. Kaum ein anderes Bundesland nutzt die Befristung von Arbeitsverträgen in diesem Ausmaß. Das bedeutet: Kaum ein anderes Bundesland behandelt seine Lehrerinnen und Lehrer schlechter.
3. Ganztagsausbau hechelt dem ständig steigenden Bedarf nur hinterher
Nur vier von zehn Grundschülerinnen und Grundschülern haben in Hessen einen Betreuungsplatz nach dem Unterricht und das in der Regel auch nur an drei Tagen in der Woche. Auch an den weiterführenden Schulen bietet die Landesregierung nachmittags lediglich die Aufbewahrung der Kinder und Jugendlichen an. Der so genannte Pakt für den Nachmittag ist ein Flop. Während in anderen Bundesländern in der Ganztagsschule auch ganztägig unterrichtet wird, begnügt sich Hessen damit, mehr oder weniger qualifizierte Aufseher abzustellen.
4. Schulische Inklusion kommt nicht voran und verliert Akzeptanz
In keinem Land werden so wenige Kinder inklusiv beschult wie in Hessen. Denn die CDU-geführten Landesregierungen haben es systematisch unterlassen, die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Inklusion zu schaffen. Wenn man eine richtige Idee erfolgreich ruinieren möchte, dann macht man es genau so wie Schwarz-Grün: Man bildet kein Lehrpersonal aus und stellt keine Mittel zur Verfügung. Auf diese Weise hat es die Landesregierung geschafft, aus der Inklusion einen Aufreger für Lehrer, Eltern und Kinder zu machen.
5. InteA Landesprogramm verfehlt sein ursprüngliches Ziel
Integration und Abschluss war einmal das hehre Ziel des Landesprogramms InteA. Statt von Abschluss spricht Schwarz-Grün nur noch von Anschluss. Ein Schulabschluss nach nur zwei Jahren kann für die meisten Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger nicht erreicht werden. Dafür sind die Rahmenbedingungen nicht geeignet. Es fehlen Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen, der Klassenteiler ist mit 20 zu hoch und die Angst vor Abschiebungen bleibe ein ständiger, schlechter Begleiter des Programms.
Kurz:
Die Landesregierung redet die erheblichen Defizite im Schulbereich schön, sie betrachtet statistische Mittelwerte statt der schulischen Realität. Juristische Bewertungen gelten mehr als pädagogische Prinzipien. Konzeptlosigkeit wird durch das Abschieben von Verantwortung auf untere Ebenen kaschiert.
Setzen, sechs!