Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Christoph Degen, hat die heutige Pressekonferenz von Kultusminister Lorz zum sogenannten Pakt für den Nachmittag als Beleg dafür gewertet, dass echte Ganztagsschulen in Hessen auch weiterhin Mangelware blieben. Der Pakt für den Nachmittag sei alles andere als ein Erfolgsmodell und lahme gewaltig, von großer Ausbau-Euphorie fehle jede Spur. Mit insgesamt 168 Grundschulen nehmen nach drei Jahren gerade einmal 15 Prozent aller Schulen am Pakt-Projekt teil. Der große Teil von ihnen war bereits vorher im Ganztagsprogramm des Landes. Mit dem Pakt werden kaum neue Angebote geschaffen, sondern lediglich bestehende Angebote unter einen neuen Namen gestellt und dies nicht einmal zu landesweit einheitlichen Bedingungen, sagte Degen. Ein Plus von 46 Schulen in insgesamt 21 Schulträgerregionen zum kommenden Schuljahr zeigten, dass sich zu wenig bewege. Von einem bedarfsgerechten Ausbau bis zum Ende der Legislaturperiode auszugehen, bezeichnete Degen angesichts dieser Ausbaugeschwindigkeit als reines Wunschdenken.
Erstaunlich sei auch die Diskrepanz zwischen der Aussage des Kultusministers auf der einen Seite, dass alle, von einer Ausnahme in diesem Jahr wohl abgesehen, vorgelegten Anträge genehmigt würden und auf der anderen Seite den Berichten von Schulen, die sich beim Ausbau ausgebremst fühlten. Aufgrund der beschränkten Stellen, die das Kultusministerium den einzelnen Schulträgern als Budget zuweise sowie aufgrund fehlender baulicher Voraussetzungen, würden keineswegs alle Anträge auf Ganztagsausbau nach Wiesbaden weitergereicht. Hier muss das Land die Kommunen, die mehr Ganztagsbeschulung wollen, aber aus finanziellen Gründen nicht mitziehen könnten, mit zusätzlichen Mitteln unterstützen, forderte Degen.
Dass die schwarz-grüne Landesregierung lediglich auf die zu erwartenden Bundesmittel zur Schulsanierung verweise, reiche nicht. Wie schon bei der Frage der Finanzierung der Betreuungsangebote an Grundschulen im Pakt, die nach 14:30 Uhr ausschließlich von den Kommunen und den Eltern über das Schulgeld getragen werden, zieht sich die Landesregierung finanziell aus der Affäre. So lange nur 99 von rund 1.700 Schulen in Hessen kostenfreie Ganztagsschulen sind, kann von einem bedarfsgerechten Angebot nicht die Rede sein. Der Pakt für den Nachmittag darf nicht zur Einführung eines Schulgelds am Nachmittag missbraucht werden, warnte der Bildungsexperte.
Auch in Hinblick auf die zahlreichen neuen Aufgaben, welche Schulen zu übernehmen hätten, führe kein Weg am Ausbau echter Ganztagsschulen vorbei. Solange gerade einmal 9 von 1.035 Grundschulen, also nicht einmal ein Prozent, echte Ganztagsschulen sind, dauert es beim gegenwärtigen Ausbautempo noch Jahrhunderte, bis wir verlässliche, kostenfreie und qualitativ hochwertige Ganztagsbeschulung an all unseren Grundschulen haben werden, sagte Degen.