Werbung im Klassenzimmer

Die anhaltende Unterfinanzierung von Schulen bedeutet auch weniger Geld für Lehrmittel. Das führt dazu, dass Lehrkräfte auch auf Unterrichtsmaterialien privater Anbieter zurückgreifen. Dadurch haben in letzter Zeit Unternehmen oder Lobbyverbände Einzug in die Klassenzimmer gehalten. Für Schulbücher gelten strenge Zulassungsauflagen. Sie werden vom Kultusministerium auf Beeinflussung, Werbung und Einseitigkeit geprüft. Die meist kostenlosen Unterlagen der Firmen werden allerdings nicht auf ihre Eignung untersucht. Da sind die Lehrkräfte auf sich alleine gestellt. Sie greifen jedoch gerne auf die frei zugänglichen Materialien zurück, da sie zeitlich ohnehin überlastet sind. Daher sind viele dankbar, wenn ihnen jemand einen Teil der Unterrichtsvorbereitung durch hübsch aufbereitetes Material abnimmt.

Obwohl ein Werbeverbot an Schulen besteht, hat sich das Kultusministerium der Wirtschaft geöffnet, sodass mittlerweile zum Beispiel Sponsoring erlaubt ist. Die Rahmenreglungen dafür sind jedoch mehr als schwammig. Unternehmen stellen nicht nur Materialien, sondern auch „Lehrer“ bereit, wie die sogenannten Geldlehrer. Den Unterricht durch Vermögens- und Finanzberater stuft das hessische Kultusministerium als unbedenklich ein. Dabei ist zu vermuten, dass diese ihre Zeit gewiss nicht ohne Grund im Klassenzimmer verbringen. Doch auch weitere Unternehmen, wie der Versandhandel Amazon, haben ihren Weg in die Schule gefunden. Der Versandhandel hatte für Grundschulen einen Schreibwettbewerb ausgerufen. Damit wollte der Konzern, der wegen seiner Arbeitsbedingungen immer wieder Schlagzeilen macht, lediglich von seinem Image ablenken. Immerhin untersagte das Kultusministerium den hessischen Grundschulen letztendlich die Teilnahme an diesem Wettbewerb.

Was fehlt ist eine klare Reglung. Lehrkräfte müssen wissen, welche Materialien und Mittel für den Unterricht zulässig sind. Es darf nicht sein, dass Unternehmen ungehindert an Schulen werben können. Daher brauchen wir eine Art Gütesiegel für diese freien Unterrichtsmaterialien. Das Kultusministerium drückt sich hier jedoch um seine Verantwortung und lässt die Lehrkräfte mit der Entscheidung alleine.