Christoph Degen: Kein Kind zurücklassen: Weder in der Grundschule, noch in der Oberstufe

In der Plenardebatte zum Setzpunkt der SPD-Fraktion zu den Stellenstreichungen in den Grundschulen und Oberstufen sagte der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Christoph Degen am Mittwoch in Wiesbaden: „Die Bedingungen unter denen junge Leute heute Abitur machen, wird es so künftig nicht mehr geben. Denn die Landesregierung kürzt massiv Stellen, allein 300 Stellen an Grundschulen, gymnasialen Oberstufen, beruflichen Gymnasien, Abendgymnasien und den Hessenkollegs in diesem Jahr. Weitere 150 bis 170 Stellen sollen in den nächsten zwei Jahren folgen. Dieser Bildungsabbau an den Schulen ist falsch und nimmt Bildungschancen statt sie zu ermöglichen. Die Kürzungen im Grundschulbereich konterkarieren die Bemühungen, die individuelle Förderung in der Grundschule auszubauen.

Die Landesregierung kann es drehen und wenden, wie sie will. Fakt ist: Sie kürzt an den Schulen, auch wenn sie nicht von Kürzungen sprechen will und es schönfärberisch „Stellenumlenkungen“ nennt. Dieser Begriff taugt ohne Zweifel zum Hessischen Unwort des Jahres. Die Landeregierung spielt einzelne Schulen und gesellschaftliche Gruppen gegeneinander aus.

Die Stellenkürzungen sind kein Beitrag zu mehr Chancengleichheit auf dem Weg zum Abitur. Denn am härtesten trifft es eigenständige gymnasiale Oberstufenschulen, das heißt die Schulen, die besonders viele Schülerinnen und Schüler aus Gesamt- und Realschulen zum Abitur führen und deren Neugründung die Landesregierung kategorisch ausschließt. Für diese Schulen bedeuten die schwarz-grünen Kürzungen einen Verlust von bis zu 4 Lehrerstellen. Wir wollen kein Kind zurücklassen, auch nicht auf dem Weg zum Abitur.

Kürzungen, insbesondere für Schülerinnen und Schüler, denen das Abitur nicht in die Wiege gelegt wurde, die sich jahrelang durchgebissen haben, um den nächsthöheren Anschluss, die gymnasiale Oberstufe oder das Berufliche Gymnasium zu erreichen, ist dreist. Wer, wie die Landesregierung meint, in Grund- und Leistungskursen mit mehr als 28 Schülern noch individuelle Förderung zu ermöglichen, der blendet die Realität aus.

Statistische Mittelwerte von einem Schüler mehr pro Kurs sind eine Farce. Würde die Landesregierung mehr an Schulen gehen als mit Zahlen zu jonglieren, wüsste sie das auch. Diese Landesregierung hat den Bezug zur schulischen Realität verloren, agiert kalt, ohne Empathie und rein statistisch. An Schulen werden aber Menschen unterrichtet, keine Zahlen.

Heute leben wir in einer Welt, die immer mehr zusammenwächst und mehr als eine Fremdsprache von vielen Arbeitgebern erwartet wird. Die Vielfalt des Kursangebots wird aber eingeschränkt, besonders im MINT-Bereich und in den Fremdsprachen. Genauso im Darstellenden Spiel und der Musik. Wenn alleine 15 Lehrerstunden pro Woche wegfallen, dann entspricht das drei Leistungskursen oder vier bis fünf Grundkursen. Das Kursangebot an Oberstufen wird stark eingeschränkt.

Hessen wird abgehängt. Der Nachhilfebedarf wird zunehmen. CDU und Grüne reißen ein Loch auf, um andere Löcher zu stopfen. Investitionen in Ganztagsschulen, Inklusion und individuelle Förderung sowie Intensivmaßnahmen sind dringend notwendig. Man muss das eine tun ohne das andere zu lassen. Wir Sozialdemokraten haben in den vergangenen Haushaltsberatungen entsprechende Deckungsvorschläge gemacht.

Mit ihrer Hauruck-Politik stellt die Landesregierung jedwede Verlässlichkeit in Frage. Was bringt die Profilbildung, wenn die entsprechenden Leistungskurse nicht mehr angeboten werden können? Hierzu stehen auch zwei Petitionen zur Entscheidung an: Die Landesschülervertretung, der Landeselternbeirat und die GEW haben über 30.000 Unterschriften für die Rücknahme der Kürzungen gesammelt.

Die SPD-Fraktion plädiert ausdrücklich für die Berücksichtigung dieser Petitionen. Die Stellenkürzungen sind nur ein Beispiel für schwarz-grünen Bildungsabbau durch die Hintertür. Fortsetzung folgt.“