Christoph Degen: Umsetzungskonzept zur inklusiven Beschulung ist enttäuschend – Landesregierung fehlt klare Linie, Gestaltungskraft und Perspektiven

Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Christoph Degen hat das heute in Wiesbaden von Kultusminister Lorz und den bildungspolitischen Sprechern von CDU und Bündnis 90/Die Grünen Schwarz und Wagner vorgestellte neue Umsetzungskonzept zur schulischen Inklusion als „ziellos, mutlos und unzureichend“ kritisiert. „Das Konzept zeigt, dass die zahlreichen Anregungen und Vorschläge des Bildungsgipfels auf taube Ohren stoßen. Wirklich Neues ist kaum vorhanden. Die Regierung setzt ihren Kurs der Inklusionsverhinderung fort, hält am Doppelsystem von Förderschulsystem und inklusiver Beschulung auf unbestimmte Zeit fest und bietet keinerlei Perspektiven für die Umsetzung der seit 2009 geltenden UN-Behindertenrechtskonvention hin zu einem inklusiven Schulsystem“, sagte Degen am Donnerstag in Wiesbaden.

Schwarz-Grün mache weiter mit faden Formelkompromissen. Es fehle immer noch an einer klaren Linie, wohin Hessen steuere und an einem festen Zeit-, Ressourcen- und Maßnahmenplan. Statt den Ressourcenvorbehalt im Hessischen Schulgesetz, wie beim Gipfel gefordert, endlich zu streichen, gibt es eine sogenannte „Ressourcengarantie“. „Ein neuer Name ist noch kein neues Konzept. Viel Prosa und Lametta, aber wenig Substanz“, kritisiert Degen.

Minimale Veränderungen, wie die vor zwei Jahren in den Koalitionsvertrag geschriebene Absicht, dass Förderpädagogen mit ihrem vollen Stundendeputat an nur eine Schule eingesetzt werden sollen, komme jetzt endlich – wenn auch mit Einschränkung. Das Versprechen, dass kein Wunsch von Eltern auf inklusive Beschulung mehr abgelehnt werden soll, werde mit diesen minimalen Veränderungen nicht gelingen.

Erforderlich sei ein Gesamtkonzept für individuelle Förderung zu entwickeln, in dem die Beschulung von Kindern mit Behinderung neben anderen besonderen Bedarfen eine wichtige Rolle spiele, mehr Fortbildungen für Regelschullehrkräfte seien notwendig und eine verbindliche Verankerung der Inklusion in der Lehrerbildung. Dazu stehe kein Wort im „neuen“ Konzept.

Schwarz-Grün bleibe nicht nur die Antwort auf die Kernfrage schuldig, was inklusive Schulstruktur für sie bedeute, sondern werfe mit dem Konzept auch praktische Fragen auf, etwa danach, wie es mit den Förderschulen weitergehe, wenn die inklusive Beschulung erfreulicherweise zunehme oder wie lang Schulwege an Förderschulen sein dürfen.

Die SPD habe dazu eine klare Linie: Alle Regelschulen müssen in die Lage versetzt werden, Inklusion unter guten Rahmenbedingungen anzubieten. „Sich auf wenige Schwerpunktschulen zurückzuziehen ist nicht akzeptabel“, so Degen. Die soziale Inklusion im Wohnumfeld werde so nicht gefördert, wenn nach wie vor größere Strecken zwischen Wohnort und Schule liegen. Zudem fordert die SPD mindestens eine Förderschullehrkraft pro Regelschule, da der Bedarf an jeder Schule vorhanden ist, auch ohne festgestellten Förderanspruch.

Immerhin werde die mit dem Haushaltsplan jährlich wiederholte Forderung der SPD nach einem deutlichen Stellenzuwachs für die inklusive Beschulung endlich angegangen. Das sei der einzige Lichtblick am heutigen Tag, jedoch bleibe unklar wie die Landeregierung diese Stellen zu besetzen gedenke, da in den letzten Jahren zu wenig in die Lehrerausbildung investiert wurde, so Degen abschließend.