
Als hinreichend unkonkret kritisiert der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Christoph Degen, die heutigen Ausführungen von Kultusminister Lorz in der Regierungserklärung zum Schuljahresbeginn. Von einem gelungenen Start ins neue Schuljahr kann keine Rede sein. Angesichts einer Menge Baustellen im Bildungsbereich braucht sich die Landesregierung für das bisher geleistete noch nicht feiern zu lassen. Die Regierungserklärung besteht fast nur aus Ankündigungen, Willenserklärungen und künftigen Mogelpackungen. Was sie unter optimaler Bildung für alle versteht und wie sie individuelle Förderung konkret umsetzen will, bleibe ihr Geheimnis und nebulös, sagte der SPD-Politiker am Dienstag in Wiesbaden.
Der Bildungsgipfel, der angeblich Ruhe und Verlässlichkeit bringen solle, werde aufgrund der fehlenden Verbindlichkeit aber zum zahnlosen Tiger. Degen forderte die Landesregierung auf, mehr Transparenz und Teilhabe in den Gipfelprozess zu bringen und deutlich zu machen, wo es überhaupt noch Spielraum zum Koalitionsvertrag gebe und wo es nur darum gehe, die schwarz-grünen Überzeugungen in Stein zu meißeln. Während die SPD bei der Bildung der Enquetekommission im Landtag auf die anderen Fraktionen zugegangen ist und diese an der Einsetzung und den Planungen eng beteiligt habe, hat die Landesregierung zum Gipfel nur eine Themenabfrage gemacht und die Teilnehmer vor Arbeitsstrukturen gestellt, die von einer Ausnahme abgesehen, nicht mehr zu verändern waren, so Degen.
Die Landesregierung scheue sich außerdem vor verbindlichen Entscheidungen. Sie schieben zentrale Entscheidungen nach unten ab und verkaufen die eigene Entscheidungsschwäche als Mitsprache. Das ist durchgängiges Prinzip der Bildungspolitik von Schwarz-Grün. Anstatt ihren Beitrag zum Gipfel zu konkretisieren, ihre Hausaufgaben bei inklusiver Bildung zu machen oder der Zersplitterung des Schulsystems entgegenzuwirken, verlagere die Landesregierung ihre Verantwortung in wichtigen und strittigen Bildungsfragen unter dem Deckmantel der Wahlfreiheit auf Schulträger, Eltern und Schulgemeinden. Dies gelte nicht nur für das G8-Fiasko, sondern künftig wohl auch für die Umsetzung der Inklusion und den Ausbau echter Ganztagsschulen.
Die Wahl zwischen G8 und G9 sei ein Mythos, sagte Degen. Lediglich an 24 Schulen sei per Elternbefragung ein Wechsel laufender Jahrgänge zurück zu G9 gelungen, in 15 Fällen nur mit nur einem einzigen Jahrgang. Immer weniger G8-Angebote machen den Schulwechsel innerhalb Hessens inzwischen schwieriger als in ein anderes Bundesland, kritisiert Degen. Die SPD erwarte stattdessen klare Aussagen zur Verwirklichung von Chancengerechtigkeit, zur Aufrechterhaltung eines flächendeckenden Bildungsangebots angesichts des demografischen Wandels, zur individuellen Förderung als durchgängiges Unterrichtsprinzips, zur beruflichen Bildung sowie zum weiteren Ausbau echter Ganztagsschulen. Sie gehe davon aus, dass die Ergebnisse des Bildungsgipfels ebenso wie die der Entquetekommission in eine bessere und gerechtere Bildungspolitik münden werde.