Christoph Degen: Neue Aufsichtsverordnung geht an Realität vorbei

Einschränkungen schulischer Angebote, wie Ausflüge oder Schwimmunterricht, sind die Folge der neuen Aufsichtsverordnung in Hessen. Die SPD-Landtagsfraktion verlangt nun von der Landesregierung mit einem Berichtsantrag Aufklärung über die neue Verordnung.
„Die Neuregelung hat in den vergangenen Wochen aus nachvollziehbaren Gründen einen Sturm der Entrüstung an den Schulen ausgelöst. Denn sie berücksichtige weder praktische Notwendigkeiten noch pädagogische Ziele“, sagte der Landtagsabgeordnete und stellvertretende Vorsitzende der SPD Main-Kinzig Christoph Degen. „Diese Verordnung geht völlig an der Realität vorbei.“ Über viele Generationen sei ein Klassenausflug ins Freibad im Sommer oder Schlittschuhlaufen im Winter für Grundschüler das Normalste der Welt gewesen. Künftig müssten sie nicht nur darauf, sondern auch auf Radwanderungen im Frühling oder Herbst verzichten, weil es Grundschülern per Verordnung nun verboten werde.
„Gerade Grundschulen leben vom Jahresrhythmus und den vielen Möglichkeiten, die sich für die Ergänzung des Unterrichts bieten“, weiß der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag. „Anstatt die Bewegung im Freien per Verordnung derartig stark einzuschränken, wäre eine Ausweitung schulischer Aktivitäten gerade dort pädagogisch sinnvoll.“ Auch der Schwimmunterricht müsse weiter gewährleistet werden und dürfe nicht den neuen Aufsichtsregeln zum Opfer fallen.
Die Übergangsfrist, die das Kultusministerium den Lehrerinnen und Lehrern jetzt nachträglich eingeräumt habe, um das Rettungsschwimmabzeichen aufzufrischen, sei ein erster Schritt in die richtige Richtung. „Weitere Schritte müssen aber folgen, um den Schulbetrieb in der bisherigen Qualität aufrechtzuerhalten. Wir wollen daher wissen, welche Maßnahmen und Programme die Landesregierung plant, um allen Lehrkräften und Personen bis zum Ablauf der Frist die Erlangung der notwendigen Qualifikationen als Ersthelfer oder Ersthelferin zu ermöglichen“.
Durch die neue Verordnung bestehe offenbar die Gefahr, dass Klassenfahrten ausfallen. Die SPD-Fraktion frage daher auch danach, ob schon Fälle bekannt sind, in denen aufgrund fehlender Hilfskräfte oder Aufsichtspersonen Fahrten, Veranstaltungen oder Aktivitäten ausgefallen sind.
Schulen, Elternbeiräte und Lehrkräfte kritisieren die neue Verordnung und fragen, wie die Schulen Lehrerinnen und Lehrer in U-Bahn-Stationen und an benachbarte Bushaltestellen entsenden sollen, um dort Aufsicht zu führen. Die SPD-Fraktion wolle wissen, wie die Landesregierung die Maßnahme begründet und die Mehrbelastung der Lehrkräfte einschätzt. Zu klären sei auch, welche Eingriffsrechte die Aufsichtskräfte an den Haltestellen haben.
Kultusminister Lorz, der die Verordnung als Staatssekretär mitgetragen habe, räumte im Landtag ein, dass die Landesregierung mit der Verordnung „in dem einen oder anderen Punkt über das Ziel hinausgeschossen“ sei. Jetzt müsse die Landesregierung schnellstens Lösungen auf den Tisch legen, so Degen abschließend.